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Leben mit einem TWH... Geschichten als Vorwarnung für zukünftige Besitzer... alles über den Charakter von Tschechoslowakischen Wolfshunden

 
 
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Old 16-11-2013, 13:18   #1
HuZa
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Default Liebeserklärung an Gadi

Warum ein Tschechoslowakischer Wolfshund? Das wurde ich gefragt und ich antwortete mit folgendem Text:

Warum ein Tschechoslowakischer Wolfshund, das ist eine gute Frage. Wenn man sich im Internet über die Rasse erkundigt, erfährt man nicht viel Positives. Sie können nicht alleine bleiben, zerstören viel, sind scheu, die Erziehung ist schwierig, TSWHs öffnen alle Türen (auch Kühlschranktüren) und Schubladen, drehen Schlüssel, springen durch Fenster, sind sehr aktiv und brauchen viel Bewegung, so hieß es. Ausserdem brauche man viel Geduld und schwarzen Humor. Als wir uns auf die Suche nach der für uns geeigneten Rasse machten, schreckten uns die Infos über die Tschechoslowakischen Wolfshunde fürs erste ab, auch wenn uns das wolfsähnliche Wesen und natürlich auch die Optik sehr faszinierten. Ich wollte studieren und Peter musste arbeiten, da hätte der Hund mit auf die Baustelle müssen, die Erziehung hätte nicht all zu kompliziert sein dürfen und der Hund hätte regelmäßig alleine bleiben müssen. Nein, das konnten wir nicht verantworten.
Doch dann änderten sich unsere Pläne und wir kamen auf den TSWH zurück. Doch mit wenig Optimismus suchten wir erste persönliche Kontakte zu diesen faszinierenden Wesen und deren Besitzern. Wir sahen die Hunde an der Clubshow in Aarau live und wir waren überrascht. Die Hunde waren mehrheitlich sehr freundlich und offen. Die Besitzer wussten uns viele Geschichten zu erzählen, allerdings waren die alle nur halb so schlimm als die, die man im Internet so lesen konnte. Nach diesem Tag war es um Peter geschehen. Auch mich hatten diese Hunde eingenommen, aber ich war skeptisch. Ich bin ein eher ungeduldiger Mensch, arbeitete immer viel mit den Hunden und habe immer viel von ihnen erwartet, auch einen annähernd perfekten Gehorsam. Wäre ich dieser Herausforderung gewachsen? Hätte ich die Geduld, so einen Hund zu erziehen? Würde diese Rasse wirklich geeignet sein für einen Hundehort? Würde ich mich damit abfinden können, dass es ein Hund wird, der nie einfach gehorchen wird? Ich meine, letztlich war ich doch erst knapp 21 Jahre alt. Klar hatte ich viele Hundeerfahrung und klar war ich bereit mich mit dem neuen Hund auseinanderzusetzen, aber ein Tschechoslowakischer Wolfshund? Ein so besonderes Tier unter meinen Fittichen? Ich traute es mir nicht zu.
Trotz all meinen Zweifeln wollte Peter mal die bis dahin einzige schweizerische Züchterin besuchen und ganz ehrlich, auch ich wollte mehr über diese Hunde erfahren. Und so machten wir einen Besuchstermin aus und besuchten die Züchterin. Wir wurden von zwei TSWHs sehr stürmisch begrüsst. Der Rüde sprang uns freudig an und leckte uns über das Gesicht. Scheu? Wir waren positiv überrascht. Wir unterhielten uns lange und die Züchterin meinte, dass ein TSWH gut als Rudelchef in einem Hundehort zu haben wäre, wenn er von klein an daran gewöhnt werden würde, dass Hunde kommen und gehen. Sie war sehr optimistisch und schien uns einen TSWH anzuvertrauen, wenn wir einen wollen würden.
Wir gingen nach Hause und ich war fasziniert. Doch während für Peter der Fall klar war, hatte ich immer noch letzte Zweifel. Es war klar, dass ich den Hauptteil zu der Erziehung beitragen würde, da Peter tagsüber ja arbeitete. Eigentlich wollte ich keinen Welpen, ich fühlte mich zu ungeduldig dafür, hatte Angst, zu viel von dem jungen Tierchen zu erwarten. Und was wäre, wenn die Erziehung schief laufen würde? Aber Peter war überzeugt und ich insgeheim ja irgendwie auch, schließlich liebe ich Herausforderungen. Aber war es der richtige Weg, sich die Herausforderungen bei einem Tier zu suchen, wo ich eigentlich noch nie einen Welpen großgezogen hatte? Engelchen und Teufelchen kämpften in mir. Doch hatte alles schon seinen Lauf genommen. Die Hündin der Züchterin wurde gedeckt, hatte aufgenommen und am 24. Dezember wurden fünf Welpen geboren.
Wir besuchten die Welpen, unterschrieben den Vertrag, bezahlten und meine Zweifel wurden langsam weggefegt. Der Welpe, den wir eigentlich ausgesucht hatten, verstarb dann leider aus ungeklärten Gründen, was die Zweifel dann bei mir nochmals aufwachen liess. Sollte es nicht sein? War es doch die falsche Entscheidung? Mittlerweile glaube ich aber, das musste einfach so sein, damit Gadi zu uns kommen konnte, der zu unserem Glück bis dahin noch keine Interessenten hatte.
Ja, und dann kam er, der Tag wo Gadi zu uns zog. Er kam erst mit 13 Wochen zu uns, da es vorher einfach nicht möglich gewesen wäre. Mit Gadi zog nicht nur viel neues Leben zu uns, er brachte auch sehr viel Arbeit mit sich. Ich war hin und her gerissen. Er war so süß, brachte uns viel zum Lachen, spielte mit allen Hunden total glücklich und zufrieden, aber er kannte keine Beisshemmung, biss mir beim Füttern beinahe die Finger ab und konnte einen auf dem Spaziergang manchmal in den Wahnsinn treiben. Doch wir waren trotzdem positiv überrascht. Er machte kaum etwas kaputt, zeigte keine grosse Scheuheit und wurde sehr schnell stubenrein. War der TSWH also doch nicht so speziell?
Die Welpenzeit ging schnell vorüber und Gadi wurde ein Junghund. Wir machten Ausstellungen mit ihm, nahmen ihn viel an Orte mit, wo es viele Menschen hat, er hatte viel Kontakt zu anderen Hunden und gehorchte grundsätzlich gut. Manchmal war er etwas übermütig und es gab einige Pullover und T-Shirts, die durch seine enorme Freude und sein gerne zupackendes Gebiss durchlöchert wurden. Ausserdem gab es sehr viele blaue Flecken. Gadi war hartnäckig, akzeptierte kein “Nein” einfach so und brachte mich sehr oft an meine Grenzen. Es gab Tage, da war ich mir nicht sicher, ob wir wirklich die richtige Entscheidung getroffen hatten. Je älter er wurde, desto mehr begann ich zu zweifeln. Er forderte mich. Er schaute mich wissend an, dass er gerade etwas macht, was er nicht darf, hörte aber nicht auf, bis ich mich in Bewegung gesetzt habe. Er spielte mit mir und unterdessen bin ich mir sicher, dass sein einziges Ziel dabei war, mich in Geduld zu lehren.
In den 1 ½ Jahren, die Gadi bei uns ist, gab es sicher zwei oder drei Momente, wo ich am Ende war. Ich wusste nicht, was ich noch tun sollte, um aus diesem Hund einen guten Begleiter zu machen. Dazu ist zu sagen, dass meine Ansprüche immer sehr hoch waren. Ich sah irgendwie nicht, wie gut er für sein Alter schon war. Aber jedes Mal, wenn ich kurz davor war, ihn wegzugeben (was Peter natürlich nie zugelassen hätte), benahm sich Gadi wieder vorbildlich. Er kannte mich genaustens. Er beobachtete mich und wusste sehr schnell, wie er mich um die Pfoten wickeln konnte.
Gadi hat immer wieder so Phasen, wo er wieder eine Grenze testet. Eine Zeit lang hat er extrem viel geklaut, jetzt klaut er nur noch, wenn man ihm ein Steak wirklich gerade auf Nasenhöhe setzt (und seine Nase ist hoch ). Dann hatte er eine Phase, wo er, wenn er Mist gebaut hatte, nicht mehr zu mir hinkam. Er hatte auch eine Phase, wo er sehr rüpelhaft war. Aber alles hat sich immer wieder gelegt. Wir sind aber auch immer dran geblieben, haben ihn immer wie einen Hund und nicht wie einen besonderen TSWH behandelt, haben jede Herausforderung von ihm angenommen und dagegen gekämpft und wir haben ihm immer sehr viel Freiheit gegeben. Jetzt ist Gadi ein treuer Hund mit Ecken und Kanten und die Arbeit hat sich gelohnt. Klar, er ist noch nicht ausgewachsen und wir werden immer wieder kleinere Rückschläge haben, aber Gadi ist ein absolut guter Hund, den man überall mit hinnehmen kann, der Kinder über alles liebt, der genau weiss, wie er uns zum Lachen bringt, der alles für uns tut, sofern wir auch alles für ihn tun, der genau weiss, wenn etwas ernst ist und wenn etwas nicht so wichtig ist, der ein Rudel mit Bravour anführt, der Hunde korrigiert und sie lehrt, der vor ansteckender Lebensenergie sprüht und der uns so viel gibt und uns unendlich stolz macht.
Gadi ist mein wohl grösster Lehrer. Er hat mich gelehrt, Kompromisse einzugehen, Geduld zu haben, jemandem Zeit zu geben, etwas umzusetzen und vor allem hat er mich gelehrt, wütend zu sein und trotzdem so sehr zu lieben. Gadi ist mein ein und alles und deswegen war es der einzige richtige Entscheid, einen Tschechoslowakischen Wolfshund als Herausforderung anzunehmen. Und ich kann euch hier sagen, es wird einen weiteren Tschechoslowaksichen Wolfshund geben, irgendwann, obwohl ich lange daran gezweifelt habe.
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